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Rückfälle sind normal!

Sie gehören zum Krankheitsbild Alkoholismus, denn der Weg aus der Sucht ist lang und steinig. Die emotionalen, körperlichen und sozialen Veränderungen durch lang anhaltende Abhängigkeit sind so gravierend, dass eine Umstellung 'von heute auf morgen' einen ungeheuren Kraftakt darstellt, dem auch Starke manchmal nicht gewachsen sind.

Alkoholismus ist eine Krankheit, kein Laster. Deshalb ist ein Rückfall nicht in erster Linie auf Willensschwäche zurückzuführen, sondern vor allem auf die Veränderungen des Hirns während der Sucht, die zu unangenehmen, zum Teil auch unerträglichen Zuständen führen, und die sich nur langsam zurückbilden.

Gesellschaftliche Stigmatisierungen und Verurteilungen rückfälliger Alkoholiker beruhen oftmals, aber nicht immer auf der Unkenntnis dieser Zusammenhänge. Bei Angehörigen und Freunden mögen Enttäuschung und Zorn noch verständlich sein, doch bei Vertretern der 'helfenden' Professionen - Ärzten, Suchthelfern, Therapeuten - sind negative Vorbehalte gegenüber Suchtkranken nicht gerechtfertigt. Vorwürfe und Anfeindungen sind im höchsten Grade kontraproduktiv, weil sie den Alkoholabhängigen zusätzlich unter Druck setzen und damit sein Suchtproblem verschärfen. Sie vermindern darüber hinaus auch seine Bereitschaft zu weiteren Entzugsbehandlungen.

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Welche Konsequenzen haben Rückfälle während der Therapie?

Einige Suchtfachkliniken ahnden nicht nur Rückfälle, sondern auch 'Ausrutscher' mit dem Abbruch der Therapie. Diese Praxis stützt sich auf die Erwartung, dass der Betroffene 'freien Willens' über Trinken oder nicht Trinken entscheiden kann - dabei ist Kontrollverlust (oder eben das Versagen der 'freien Willens') eines der ersten Merkmale der Sucht! Auch das 12-Schritte-Programm der Anonymen Alkoholiker basiert übrigens auf diesem Konzept (hier ist gar die Rede von 'Charakterfehlern' und 'Mängeln'). Dabei zeigt bereits ein einfacher Hirn-Scan, dass auch das Gehirn eines trockenen Alkoholabhängigen über sehr lange Zeit NICHT wie das Gehirn eines Nicht-Süchtigen 'tickt' (und einige Veränderungen sind nie wieder umkehrbar). Wenn auch Motivation und Kooperation in hohem Maße für das Erreichen und Durchhalten von Abstinenz notwendig sind, sollte man nie vergessen, dass man es bei jedem trockenen Alkoholiker mit einem rekonvaleszierenden Kranken zu tun hat.

Wenn Rückfälle also ein (zu erwartender) Teil der Erkrankung sind, müssen sie in ihrer Eigenschaft als Krisensituationen neutral bewertet werden. Und nicht nur das: Sie stellen eine Chance dar, schädliche Lebensmuster und Zusammenhänge aufzudecken und grundlegend zu überdenken. Die Rückfall auslösenden Faktoren lassen sehr schnell erkennen, wo 'der Hase im Pfeffer liegt'... seien es innerfamiliäre Krisen, unbewältigte Ängste oder die Unfähigkeit, das Leben nüchtern sinnvoll zu gestalten. Auslöser geben also Aufschluss über Ursachen, die wiederum therapeutisch aufgearbeitet werden können und sollten. Darüber hinaus ist die Bereitschaft für grundlegende Veränderungen gerade nach Rückfällen besonders hoch.

Werden Patienten bei Verstößen gegen das Alkoholverbot während der Therapie jedoch disziplinarisch entlassen, liegt die Rückfallquote bei fast 100%! Die dieser Praxis zu Grunde liegende Annahme, erneutes Trinken würde die Moral der Mitpatienten untergraben, erweist sich dabei meist als unbegründet. Im Gegenteil: Oft kommt erst bei solchen Anlässen Bewegung in die Gruppe, und die Auseinandersetzung mit dem Thema 'Rückfall' gewinnt eine neue Qualität.

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Disziplinarische Entlassungen sind beispielsweise dann gerechtfertigt und evtl. notwendig, wenn sich der Patient nicht zu seinem Verhalten bekennt oder die Therapie zu unterlaufen versucht, indem er die Ziele grundsätzlich in Frage stellt, die Autorität von Fachpersonal untergräbt, Patienten gegeneinander ausspielt oder Meutereien anzettelt. 'Stationäre Rückfälle' sollten aber immer auch einen Anlass bieten, eingefahrene Klinikstrukturen, Behandlungsroutinen und nicht zuletzt das Ambiente zu überdenken. In einer lieblosen, unpersönlichen Umgebung mit gestressten und überforderten Helfern wird es dem Süchtigen noch schwerer fallen, die Kraft für Veränderungen dauerhaft aufzubringen.

Wichtig ist vor allem auch die Begleitung über das Therapieende hinaus: wenn möglich und gewünscht, die Vermittlung an andere Einrichtungen, Selbsthilfegruppen und Therapeuten, Unterstützung bei der Schuldenregulierung, der Arbeits- und Wohnungssuche sowie evtl. Gespräche mit dem Hausarzt und dem Arbeitgeber. Respekt und Neutralität haben auch hier wieder oberste Priorität.

Leider führen mehrere Rückfälle häufig dazu, dass die Betroffenen keine guten (und teuren) Therapien mehr bewilligt bekommen. Ihnen bleiben dann oft nur noch Entgiftungstherapien mit einer auf das Medizinische fokussierten Betreuung, die Rückfälle mit Behandlungsabbruch ahnden, ohne sich weiter damit auseinanderzusetzen. So wird der Kreislauf der Sucht zementiert. Das Ende sollte bekannt sein: Irreparable Hirn- und Organschäden, Obdachlosigkeit, Heimverwahrung, sozialer Absturz.

Aus allen diesen Gründen sind Betroffene und Angehörige gut beraten, wenn sie den Umgang mit Rückfällen in den zur Auswahl stehenden Suchtfachkliniken im Vorfeld in Erfahrung bringen.

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Sind 'Ausrutscher' schon Rückfälle?

Der Mythos vom Rückfall durch eine Schnapspraline ist eben das - ein Mythos. Ein 'Ausrutscher' oder ein erneuter Konsum von Alkohol über einen begrenzten Zeitraum kann, muss aber nicht unbedingt zum alten Trinkniveau zurückführen.

Wie die Sucht selbst, hat auch der Rückfall Etappen. Schwarz-Weiß-Denken ("Ein Glas - alles aus. Jetzt ist eh alles zu spät.") führt daher nur zu unangebrachten Schuldgefühlen, die den emotionalen Druck weiter erhöhen. Wer immer wieder gesagt bekommt, dass schon ein Schlückchen Alkohol die absolute Niederlage bedeutet, ist eher geneigt, sehr schnell wieder ganz abzurutschen, weil er ja ohnehin 'nichts mehr zu verlieren hat'. Die brutale Einstellung, der Patient müsse erst 'ganz unten angekommen sein', ehe er 'schlau' wird, erscheint heute im höchsten Grade unmenschlich. Schließlich schädigt jeder Schluck Alkohol Hirn und Organe, und die Therapiechancen sinken.

Die Rückkehr zur Abstinenz ist in jeder Phase des Rückfalls und vor allem nach Ausrutschern jederzeit möglich -, auch wenn sie mit steigender Konsummenge natürlich schwerer fällt!

Dessen sollten sich auch Angehörige und Freunde bewusst werden, um den Leidensdruck für sich und den Abhängigen nicht noch zu vergrößern. Wer von sich glaubt, er sei willensschwach (weil er es immer wieder gesagt bekommt), läuft Gefahr, sich aufzugeben. Aber: Alkoholismus ist und bleibt eine Krankheit, und Rückfälle sind quasi 'vorprogrammiert'.

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Vorboten und Risiken eines Rückfalls

Rückfälle treten gehäuft beim Übergang von der stationären zur ambulanten Therapie auf. Deshalb ist eine therapeutische Vorbereitung auf die Zeit nach dem Therapieende besonders wichtig. Die Unterstützung durch Selbsthilfegruppen, Angehörige und Suchthelfer ist in den ersten Wochen besonders wichtig.

Drei bis sechs Monate nach Behandlungsende beginnt die Gefahr eines Rückfalls wieder anzusteigen - wenn alte Probleme, Langeweile und Alltagsroutinen die anfängliche Euphorie ablösen. Je länger die Abstinenz - mit überwiegend positiven Erfahrungen - gelingt, desto geringer wird das Risiko, rückfällig zu werden.

Rückfälle kündigen sich an; sie durchlaufen eine Entwicklung ähnlich der Suchtentstehung, nur in wesentlich kürzeren Zeiträumen. Meist sind es mehrere Faktoren, die bei der Entstehung des Rückfalls eine Rolle spielen.

Heiße Luft

Das Abgleiten in alte, schädliche Verhaltensmuster aus der 'nassen' Phase wird als 'trockener' Rückfall bezeichnet, der in der Regel bald in einen 'nassen' Rückfall übergeht. Warnsignale sind z.B.: erneutes Lügen, Großspurigkeit, permanente schlechte Laune und Gereiztheit, der erneute Umgang mit Saufkumpanen... kurz: die Merkmale der 'kritischen Phase'.

Merkmale des "Trockenrauschs" bzw. des "trockenen Rückfalls" »

Häufig dauern Rückfälle nur eine begrenzte Zeit an - etwa mehrere Wochen bis Monate. Eine schnelle therapeutische Intervention ist dennoch notwendig, weil jeder - auch nur temporäre - Rückfall die Therapiechancen verringert.

Bei vorhandenen organischen Schäden und einem schwachen Immunsystem können Rückfälle darüber hinaus lebensgefährlich werden. Schließlich sinkt in der Phase der Abstinenz auch die Alkoholtoleranz, und die Menge Alkohol, die vorher nur zu einem Rausch führte, führt nun u.U. geradewegs ins Koma. Das Versagen innerer Organe - Leber, Niere, Bauchspeicheldrüse - stellt gerade bei Rückfällen eine große Gefahr dar. Kommt zu einer akuten Pankreatitis (die alle benachbarten Organe vergiftet) während der Behandlung beispielsweise noch eine Lungenentzündung (in Krankenhäusern nicht selten!), bedeutet das oft das Todesurteil für den Betroffenen.

Auch Freunde, Angehörige und Kinder leiden häufig sehr unter Rückfällen und brauchen therapeutische Unterstützung.

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Risikofaktoren für die Rückfallentstehung

Das Risiko für einen Rückfall steigt ...

* mit jedem Rückfall

* mit längerer und stärkerer Abhängigkeit

* mit dem Rückfall in schädliche Verhaltensmuster (siehe: kritische Phase)

* mit Depressionen, Ängsten, einem geringen Selbstwertgefühl

* mit Persönlichkeitsstörungen und psychiatrischen Symptomen

* mit Einsamkeit und Isolation (kein Partner, wenige Freunde...)

* mit Dauerstress (mit Freunden, Familie, auf Arbeit...)

* mit einschneidenden Veränderungen (Verlust des Arbeitsplatzes, der Partnerschaft u.ä.)

* mit dem erneuten Kontakt mit Saufkumpanen

* mit der Unfähigkeit, 'Nein' sagen zu können

Faktoren, die eine dauerhafte Abstinenz begünstigen, finden Sie hier.

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Rückfall-Auslöser

Rückfälle werden - entgegen der landläufigen Meinung - nicht in erster Linie durch körperliche Entzugserscheinungen oder das pure Verlangen nach dem 'Stoff' ausgelöst, sondern viel öfter durch belastende Lebensumstände und unangenehme emotionale Zustände.

Auslöser Nummer 1 sind persönliche Krisensituationen - wie etwa zwischenmenschliche Konflikte, Streit, Trennungen, der Tod nahestehender Menschen, Aufforderungen zum Trinken sowie jede Art von Stress (auch 'positiver' Stress wie beispielsweise durch Hochzeit und Geburt!) Die Stressresistenz ist dabei von Person zu Person verschieden, - mancher bleibt auch unter widrigsten Umständen standhaft, während andere schon bei geringeren Komplikationen rückfällig werden. Die verhaltenstherapeutische Vorbereitung auf 'gefährliche' Situationen ist daher schon während der Entwöhnung von großer Bedeutung.

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Gründe für Rückfälle in die Abhängigkeit . . .

1. Das Verlangen nach Alkohol ('Craving')

Die reine Lust auf Alkohol ist eigentlich nur in den ersten Tagen nach der Entgiftung ein ernsthaftes Problem. Psychische Entzugserscheinungen, unangenehme Emotionen und soziale Stressoren sind viel öfter für Rückfälle verantwortlich.

Mehr erfahren Sie in unserem Beitrag über die biochemischen Veränderungen im Hirn.


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2. Körperliche und psychische Entzugserscheinungen

Lesen Sie dazu bitte unseren Beitrag über Alkohol-Entzugserscheinungen.

Schlaflosigkeit ist übrigens einer der wichtigsten Auslöser für Rückfälle oder beginnende Medikamentenabhängigkeit. Einige Patienten versuchen durch erneutes Trinken auch die Nebenwirkungen neuroleptischer Behandlungen (bei Krampfanfällen) zu lindern.

Nähere Informationen erhalten Sie in unserem Kapitel 'Ursachen'.

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3. Unangenehme emotionale Zustände, psychischer Druck

Alkohol überdeckt und lindert anfangs unangenehme Gefühle und dient als Airbag bei Konflikten. Er wird daher für viele Alkoholiker als leicht verfügbares Mittel zur Selbst-Therapie missbraucht und gewinnt damit im Leben der meisten Abhängigen eine wichtige psychische und soziale Funktion. Ist der Airbag dann zerplatzt, werden Crashes nicht mehr abgefedert. Sie können ihre ganze Zerstörungskraft entfalten, wenn kein Sicherheitsgurt installiert ist und das Tempo nicht gedrosselt wird.

Mit anderen Worten: Der Alkohol als Problem-'Löser' Nummer 1 muss durch alternative Strategien ersetzt werden, um

* Gefühlsaufwallungen und Stimmungsschwankungen auch weiterhin in den Griff zu bekommen ('Affektregulation'),

* der chronischen Leere und Langeweile etwas entgegenzusetzen,

* in Krisen gelassen zu reagieren ('Frustrationstoleranz') und

* in der Öffentlichkeit angemessen, sicher und selbstbewusst auftreten zu können ('soziale Kompetenz').

* Zur Linderung von Ängsten, Depressionen, Psychosen, Wahnvorstellungen und Nebenwirkungen können zusätzlich Medikamente notwendig sein. Das gilt vor allem dann, wenn während der Abstinenz selbstzerstörerische oder gar suizidale Tendenzen auftreten (was nicht selten vorkommt).

Mehr Infos zu biochemischen Ursachen unangenehmer Emotionen finden Sie hier.

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+++ Langeweile

Alkohol macht Stimmung. Zumindest am Anfang. Das fade Heim, die dröge Party, den öden Job, das muffige Ich im Spiegel - all das kann man sich schöntrinken. Und dann?


+++ Depressionen, Ängste, Freudlosigkeit...

haben eine lange Halbwertszeit. Lesen Sie mehr dazu »


+++ Emotionaler Stress durch einschneidende Veränderungen

Positive wie negative Veränderungen provozieren Gefühlsaufwallungen, die durch Trinken 'kuriert' werden könnten.


+++ Aufforderungen zum Trinken


+++ Perspektivlosigkeit

Arbeitslosigkeit, Obdachlosigkeit, Einsamkeit, chronische Erkrankungen, Ziellosigkeit und fehlendes Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten schaffen ein Gefühl der Ausweglosigkeit, das schwer zu ertragen ist. In dieser Situation kann nur ein konsequentes Zusammenspiel von sozialer Begleitung/Unterstützung, Psychotherapie und Psychopharmaka wieder Licht ins Dunkel bringen und Rückfälle wenn nicht verhindern, so doch abfedern.

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4. Zwischenmenschliche Beziehungen

+++ "Alkohol ist Dein Retter in der Not"

Alkohol ist der treueste Freund und der letzte Gast auf der Party. Er ist immer zur Stelle und bleibt, wenn alle anderen schon gegangen sind. Wenn es Stress gibt, lässt er einfach den Vorhang herunter, und alles wirkt gedämpft wie das Murmeln des Publikums vor dem großen Auftritt.

Abstinenz zieht diesen Vorhang auf, und alle Strahler gehen an. Und die Realität ist brutal: bevölkert von Sklaventreibern, Xanthippen, Megären, Judassen, Gläubigern und Pharisäern. Panzer und Schwert sind in der Mottenkammer. Was nun?

Wie sich zur Wehr setzen ohne Alkohol? Ohne Therapien wird die Antwort schwer fallen.

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+++ "Früher warst Du so ein toller Kerl..."

Jahrelanges Trinken verändert nicht nur den Alkoholiker, sondern auch sein Umfeld. Alle nahestehenden Menschen, die nicht vor die Tür gesetzt wurden oder von sich aus die Flucht ergriffen, haben sich auf die Sucht eingestellt und ziehen vielleicht sogar Gewinn aus der ungewöhnlichen Situation.

"Was warst Du für ein toller Hecht! Witzig, spritzig, geistreich, Hans-Dampf-in-allen-Gassen, man konnte Pferde mit Dir stehlen! Seit Du trocken bist, ist nichts mehr mit Dir anzufangen. Ständig nörgelst Du, bist mürrisch und reizbar. Nichts macht Dir Freude, nichts kann man Dir recht machen, und auf Parties hängst Du wie ein nasser Sack, jammerst und schweigst... Trink lieber wieder ein bisschen, das ist ja nicht mit anzusehen!"

"Ja, warum eigentlich nicht? Eh mir in diesen harten Zeiten auch noch die Freunde davonlaufen... Und wie sie mich alle mitleidig anstarren, wie sie tuscheln, die haben ja keine Probleme... Das ist doch kein Leben. OK, trink ich halt einen mit."

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+++ "Früher hat er mich gebraucht..."

Partner und Partnerinnen bauen ihr Leben um den Alkoholiker auf. Sie entwickeln Überlebens-Strategien und Formen des Umgangs, die zur liebgewordenen Gewohnheit werden, auch wenn sie gar nicht gut tun.

"Früher war 'der Alte' die ganze Zeit zu Hause und ließ sich 'bemutteln'. Das war zwar lästig, aber irgendwie auch beruhigend, schließlich war immer jemand da. Ich bin dann zum richtigen Organisationsgenie geworden, und die Freunde haben mich für meine Tapferkeit bewundert. Er hat ja auch nicht allzuviel schimpfen dürfen, er brauchte mich ja. Jetzt sitzt er in Selbsthilfegruppen rum, redet mit Therapeuten und sagt mir, ich hätte ja auch alles falsch gemacht. Ständig sucht er Streit. Er würde erst jetzt erkennen, was ich für 'ne Niete wäre. Hat sich mich halt schöngetrunken, sagt er. Dabei war ich die ganze Zeit für ihn da. Und jetzt seh ich ihn kaum noch, er sagt, er muss sein eigenes Leben aufbauen. Wer hat denn nach meinem Leben gefragt? Früher war alles einfacher, da wusste ich wenigstens, woran ich bin."

"...Und jetzt will er sich gar von mir trennen. Ich würde ihm schaden, sagt er. Das sagen auch die Herren Doktoren. Unfassbar. All die Jahre hab ich ihn gepäppelt, und jetzt verlässt er mich. Wenn er doch nur wieder der Alte wäre. Ich brauch' jetzt auch mal einen."

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"Wie die Alte heute wieder aussieht. Als wir uns kennenlernten, hat sie sich doch nie gehen lassen. Dass ich das jahrelang nicht bemerkt hab. Und immer hat sie an mir rumgenörgelt. Vor allen Leuten. Mich kontrolliert, schickaniert und erzogen. Damit ist jetzt Schluss. Ein für alle Mal."

"Jetzt isse weg. Irgendwie fehlt sie mir. Alles so still. Bin wohl doch zu weit gegangen. Ich bin ein echter Loser. Die Wäsche stapelt sich, der Kühlschrank ist leer, und wer streitet jetzt mit mir um die Fernbedienung. Ich hab wirklich alles versaut. Irgendwie hab ich sie doch lieb gehabt. Das merk ich jetzt. Na toll. Mann, jetzt brauch ich einen Schnaps. Ist eh alles egal. Und wenn ich dann wieder der Alte bin, kommt sie vielleicht zurück."

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5. Gesellschaftlicher Druck

Trinken ist cool. Das zeigen sie jeden Tag im Fernsehen. Der Weltenbummler trinkt nordisches Bier, der Boss Schampus (die Weiber kommen in Scharen), und Künstler brauchen Absinth. Wodka macht sexy, Prosecco jung und dynamisch, und was so'n echter Cowboy ist, der schweigt am Whiskyglas. Das war schon immer so. Ich bin doch nicht uncool. Oder?

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Vorsorge

+++ Besuch von Selbsthilfegruppen

Wie schon gesagt, können Selbsthilfegruppen in der Abstinenz einen starken Rückhalt bieten. Der Kontakt zu geeigneten Gruppen sollte daher schon während der Entzugstherapie hergestellt werden.


+++ Keine alkoholhaltigen Medikamente oder Lebensmittel

Jede Form von alkoholhaltigen Medikamenten sollte tabu sein. Dazu gehören auch Hustensäfte, Atemsprays, Energie-Tonika wie etwa Doppelherz® und vieles andere mehr.

Auch Lebensmittel und Kosmetika, die Spuren von Alkohol enthalten, sollten dringend gemieden werden! Dazu gehören: alkohol-'freies' Bier, bestimmte Cremes, Gels, Lippenstifte, Parfüm und Mundspülungen mit Alkoholanteil, eventuell sogar Senf, Essig und Dosenprodukte.


+++ Anti-Craving-Medikamente

Bestimmte Medikamente wie Antabus® und Campral® unterdrücken den Wunsch zu trinken oder machen den Konsum von Alkohol unerfreulich. Andere lindern die Entzugserscheinungen und sind daher ebenfalls eine Hilfe in den ersten Tagen der Abstinenz.

Lesen Sie dazu mehr in unserem Artikel zum Thema.


+++ Verhaltenstherapeutisches Training

Der Umgang mit Ausrutschern und Rückfällen will gelernt sein. Bereits während der Entwöhnungstherapie sollten daher Strategien der Rückfallvermeidung in Krisensituationen erprobt werden. Rollenspiele in der Gruppe gehören ebenso dazu wie individuelle Gespräche über potentielle Gefahrensituationen. Folgende Fragen sollten dabei geklärt werden: Gab es bereits Rückfälle? Wenn ja, wodurch wurden sie ausgelöst? Was hat die Situation verschlimmert? Wie verlief der Rückfall? Was hat dabei geholfen, das Trinken dann doch nicht ausufern zu lassen? War ein frühzeitiger Ausstieg möglich, und wenn ja, wodurch? Was muss an den persönlichen Lebensumständen geändert werden, um nicht wieder in gefährliche alte Muster zu verfallen? Etc.

Darüber hinaus sollte frühzeitig geklärt werden, was im Fall der Fälle zu tun ist. Wo ist das nächste Krankenhaus, ist eine schnelle 'Selbsteinweisung' möglich und erwünscht, welche Freunde können helfen, ist der Arzt auch am Wochenende erreichbar, wie können sich Partner und Kinder vor Gewalt schützen...?


+++ Das Leben auf die Abstinenz einstellen

Um dauerhaft abstinent zu bleiben, müssen oft einschneidende Veränderungen an liebgewordenen Alltagsgewohnheiten vorgenommen werden. Trotz aller Umgestaltungen muss die Zufriedenheit mit dem eigenen Leben jedoch langfristig größer sein als in der 'nassen' Phase. Es bringt also nichts, sich freiwillig nur zu quälen; der Alltag muss auch ohne Alkohol mit allen Mitteln angenehm gestaltet werden. Dazu gehört vor allem auch, Krisen nicht nur aus dem Weg zu gehen, sondern sie ohne Alkohol bewältigen zu lernen. Wenn die Vermeidung von zwischenmenschlichen Konflikten am Anfang auch durchaus sinnvoll und notwendig sein kann, ist sie doch keine dauerhafte Lösung, denn Streit und Meinungsverschiedenheiten wie auch Mobbing und Feindseligkeiten gehören nun einmal zum Alltag jedes Menschen.

Lernen Sie, sich zu entspannen: mit autogenem Training, Yoga, Tai Chi, Aromatherapie oder was Ihnen sonst noch gut tut.


+++ Sich (und anderen) Gutes tun

Sport, Bachblütentherapie, Sauna und Solarium, DVD-Abende mit Freunden, gemeinsames Shopping, inspirierende Arbeit, Hobbies, gute Gespräche, anderen helfen... all das kann dazu beitragen, das Leben ohne Drogen angenehm zu gestalten. Diese Liste schöner Dinge sollte jeder für sich in einer ruhigen Minute einmal schriftlich vervollständigen und sich täglich vor Augen halten.

Jeder Rückfall bietet auch eine Chance, noch einmal ganz neu anzufangen... so als sei man von den Toten auferstanden oder von einer unheilbaren Krankheit wie durch ein Wunder gerettet worden. Die Verantwortung für das eigene Leben nimmt einem keiner ab, auch nicht der Alkohol.


+++ Gespräche mit dem Partner, mit Freunden und Kollegen

Liebe, freundlich gesinnte Menschen können in schweren Zeiten eine große Hilfe sein. Sie müssen dazu aber wissen und verstehen, was los ist bzw. war, um angemessen reagieren zu können. Die Mauer des Schweigens muss als erstes fallen, denn Offenheit trägt am ehesten dazu bei, Missverständnisse und Vorurteile abzubauen.

Alkoholkranke neigen in ihrer 'nassen' Zeit dazu, vor allem nahestehenden Menschen sehr weh zu tun. Spätestens nach der Entwöhnung ist es Zeit für eine Entschuldigung. Nehmen Sie sich wieder Zeit für Ihre Freunde: Sie sind Gold wert.


+++ Psychotherapie fortsetzen


+++ Therapeutische Rückfallprävention

Unter folgenden Links finden Sie mehr Informationen:

Engagierter Überblick zur Postakutbehandlung alkoholbezogener Störungen der AWMF »

Trainingsprogramm zur Alkohol-Rückfallprävention "STAR" »

Trainingsmanual zur kognitiv-verhaltenstherapeutischen Rückfallprävention bei Alkoholabhängigkeit »

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Notfall

* Gleich beim ersten Ausrutscher einen Arzt, Therapeuten, Suchtberater oder eine Selbsthilfegruppe aufsuchen

* Nach dem ersten Alkoholkonsum schnell den Ort verlassen, an dem getrunken wurde, und sich 'in Sicherheit' bringen (z.B. gute abstinente Freunde oder eine Beratungsstelle aufsuchen)

* Bei mehreren Ausrutschern und beim Rückfall gleich wieder in Entgiftungsbehandlung begeben (am besten schon während der Entwöhnung klären, wie eine schnelle Intervention im Krisenfall gewährleistet werden kann: sofortige Aufnahme im Krankenhaus auch ohne Notfallindikation, Einweisung durch Angehörige oder auch Selbsteinweisung)

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Nachsorge

Eine regelmäßige Teilnahme an Nachsorgemaßnahmen noch mindestens 1 Jahr nach der Entwöhnung erhöht nachweislich die Chancen für dauerhafte Abstinenz um ein Vielfaches! Dazu gehören:

* Selbsthilfegruppen,

* Ambulante Suchtberatung,

* Psychotherapie, Familientherapie und

* Medizinische Nachuntersuchungen.

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