Startseite Alkoholismus ::: Psychotherapie, Verhaltenstherapie, Motivationsförderung. LITERATUR »

 

Alkoholabhängigkeit behandeln » Psychotherapie


Vorbemerkung

Für die psychotherapeutische Aufarbeitung von Problemen im Zusammenhang mit der Alkoholsucht gibt es keinen Königsweg. Die derzeitige Situation des Patienten, seine Stimmungslage, charakterliche Verfassung und Motivation geben aber Hinweise darauf, welche Therapieformen angezeigt sind.

Der missbräuchliche Konsum von Alkohol ist oft als eine Art 'Selbsttherapie' innerer Konflikte zu betrachten, die aus der Sicht des Abhängigen auf andere Weise nicht zu bewältigen oder zu lösen wären. Diese suchtrelevanten inneren Spannungszustände sollten daher erst einmal aufgedeckt und in Gesprächen thematisiert werden. Lesen Sie dazu bitte auch: 'Psychische Ursachen der Sucht'.

Fachliteratur zu Fragen der Therapie finden Sie hier »


+++ Respekt, Vertrauen und Interesse

Von zentraler Bedeutung für jede Therapie ist eine partnerschaftliche, auf Vertrauen und gegenseitigem Respekt beruhende Beziehung zwischen dem Therapeuten und seinem Klienten. Das Ziel jeglicher Intervention besteht darin, den Hilfesuchenden seine problematische Situation und ihre Konsequenzen selbst erkennen zu lassen.



+++ Alternativen aufzeigen und zur Wahl stellen

Im weiteren Verlauf der Therapie erhält der Klient ein größtmögliches Mitspracherecht über gangbare Lösungswege. Die Entscheidung über stationäre vs. ambulante Behandlung und Abstinenz vs. 'kontrolliertes Trinken' fällt gemeinsam mit dem Betroffenen. Druck und Zwang sind dagegen ungeeignet, eine langfristige Motivation zu gewährleisten. Sie führen eher zu Widerständen, Ausflüchten, unproduktiven Erklärungssystemen und einer weiteren Schwächung des Selbstwertgefühls des Alkoholkranken.

nach oben

+++ Fragen zum Status Quo

Am Anfang der Therapie stehen meist Fragen zur derzeitigen Befindlichkeit des Klienten sowie zur Selbsteinschätzung seiner aktuellen Situation. Erst wenn durch echtes Interesse am Anderen eine solide Vertrauensbasis geschaffen ist, können Therapeut und Betroffener gemeinsam eine gezielte Aufarbeitung der suchtbedingten Konflikte in Angriff nehmen. Eine erfolgreiche Suchtintervention 'steht und fällt' mit der Persönlichkeit des Behandelnden; die Methode ist dabei oft von untergeordneter Bedeutung.



+++ Motivation schaffen

Oberstes Therapieziel ist ein starkes Eigeninteresse des Alkoholkranken an einer Veränderung seiner Situation; wie dieses Interesse geweckt und aufrechterhalten werden kann, lässt sich nur in der intensiven Auseinandersetzung erkennen. Wichtige Fragen, die gemeinsam geklärt werden können, lauten: "Was habe ich von einer Abstinenz/Konsumreduktion zu erwarten?", "Was spricht dafür/dagegen?", "Wie wird mein Umfeld darauf reagieren?" etc.

Viele Alkoholkranke wissen selbst schon seit geraumer Zeit, dass sie ein Problem haben, denken aber, dass ihr Umfeld noch nichts bemerkt hat. Ehrlichkeit gegenüber Partnern, Freunden und Kollegen ist zwar wichtig für einen Therapieerfolg, darf aber nicht dazu führen, dass der Alkoholkranke durch sein 'Outing' gesellschaftlich ausgegrenzt wird und Bezugspersonen verliert.


+++ Gemeinsam andere Minenfelder räumen

Viele Alkoholabhängige sehen keineswegs im Alkohol die Ursache für ihre Probleme, sondern in anderen 'Minenfeldern' wie Partnerschaft, Berufsleben, ihrer finanziellen Lage usw. Diese Konfliktbereiche nehmen dementsprechend - neben der Beschäftigung mit dem Suchtverhalten selbst - einen großen Raum im therapeutischen Gespräch ein, denn als Sucht-Verursacher, -Auslöser und -Verstärker sind sie für eine produktive Aufarbeitung von Mechanismen der Abhängigkeit von größter Relevanz.

nach oben

+++ Eigene Reaktionen überprüfen

Verleugnungstendenzen, Widerstände, Behandlungsrückschritte und Rückfälle in alte Trink- und Verhaltensmuster können auch beim erfahrensten Therapeuten eine große Bandbreite von Gefühlen auslösen. Wut, Enttäuschung, Schuldgefühle, Versagensängste und Selbstzweifel sind nicht ungewöhnlich. Eine gewissenhafte Introspektion, verbunden mit einer parallelen Rationalisierung der Entstehungsprozesse, kann unproduktive Tendenzen der Gegenwehr - in Form von Druck und Manipulationsversuchen - oder der Resignation und Affirmation verhindern.




+++ Lebensqualität als oberste Priorität

Jeder Alkoholabhängige geht bei einer Änderung seines Verhaltens ein großes Risiko ein. Alle negativen Gefühle, Ängste und Störungen, die er mit Hilfe von Rauschmitteln bislang mehr oder minder erfolgreich 'in Schach' halten konnte, dringen nun an die Oberfläche seines Bewusstseins. Dieser Prozess kann außerordentlich schmerzhaft sein und zu Depressionen, Angstzuständen sowie zum Ausbruch unterdrückter Psychosen führen. In schweren Fällen können suizidale Tendenzen hervorgerufen oder verstärkt werden.

Das Überleben muss in jedem Fall höchste Priorität besitzen, auch wenn dadurch therapeutische Kompromisse gemacht werden müssen. Eine dauerhafte Absenkung der Lebensqualität des Klienten durch radikale Veränderungen - wie etwa erzwungene Abstinenz und 'Schocktherapie' - ist inakzeptabel und führt unweigerlich zum Abbruch der Behandlung und zur Rückkehr in fatale Muster.

nach oben

+++ Vorsicht bei Persönlichkeitsstörungen

Gerade bei einer manifesten Persönlichkeitsstörung (wie etwa der dissozialen, der emotional instabilen und dort v.a. der Borderline-Persönlichkeitsstörung, bei Depressionen, Angststörungen, Schizophrenie, Narzissmus und bipolarer Erkrankung) ist große Vorsicht angezeigt. Erst wenn davon ausgegangen werden kann, dass der Klient über andere 'Bewältigungsstrategien' sowie ein stabiles soziales Netzwerk verfügt, kann die therapeutische Aufarbeitung in Verbindung mit vollständiger oder teilweiser Konsumreduktion aufgenommen werden. Mehr dazu auch in: 'Psychische Ursachen der Sucht'

Freunde


+++ Henne oder Ei?

Oftmals ist nicht abschließend zu klären, ob bestimmte Psychosen, Ängste, Depressionen und Störungen als eine Folge des missbräuchlichen Alkoholkonsums aufgetreten sind oder schon vorher bestanden. Da der fortgesetzte Gebrauch von Rauschmitteln aber die Hirnstrukturen dauerhaft verändert, ist es ohnehin nicht realistisch zu erwarten, dass Abstinenz zum 'psychisch gesunden' Ausgangszustand vor der Sucht zurückführt; eine langfristige Behandlung ist also in jedem Fall angezeigt. Bitte lesen Sie zu diesem Thema auch den Absatz über 'Alkohol und Depressionen'.

nach oben

Psychoanalyse

Tiefsitzende, quälende Persönlichkeitsstörungen treiben viele Menschen dazu, sich durch Alkohol selbst therapieren zu wollen. Bei anderen steht der Wunsch nach Selbstvernichtung im Vordergrund, der sich durch exzessiven Drogenkonsum ebenfalls gut umsetzen lässt. Diese (dem Klienten oft gar nicht bewussten) Mechanismen zur Selbstregulation kann die Psychoanalyse aufdecken, um durch eine bessere Erkenntnis eigener Persönlichkeitsstrukturen zu 'gesünderen' Lösungsstrategien für innere Konflikte zu gelangen.


nach oben

Familientherapie

Die Familientherapie ist eine Form der Systemischen Therapie. Vor dem Hintergrund der Sucht sollen Beziehungsmuster aufgedeckt werden, die zur Entstehung und Vertiefung der Alkoholabhängigkeit geführt haben und noch führen. Dabei ist vor allem die Coabhängigkeit von Partnern ein wichtiges Thema therapeutischer Aufarbeitung.

Viele Abhängige nutzen bestimmte an die Sucht gebundene Verhaltensmuster, um Nähe und Distanz zu wichtigen Bezugspersonen zu regulieren (durch Trennung, Herrschsucht, Opferverhalten und andere manipulative Strategien). Dadurch soll Beziehungsproblemen vorgebeugt werden, die eine weitere emotionale Belastung darstellen würden. Solche destruktiven Muster gilt es aufzudecken. Rollenspiele und Familienaufstellungen erweitern dabei das klassische Methodenspektrum der Gesprächstherapie.


nach oben

Der lösungsorientierte Ansatz

Der lösungsorientierte Ansatz ist eine Variante der Kurzzeit-Gesprächstherapie, die von den Psychotherapeuten Steve de Shazer und Insoo Kim Berg 1982 publiziert wurde. Er soll Menschen dabei helfen, ihre eigenen Ziele zu erreichen. Dabei stehen Lösungen statt Probleme im Vordergrund der Therapie. Das Ziel besteht daran, eigene Ressourcen zu aktivieren sowie Nah- und Endziele festzulegen und zu erreichen.


nach oben

Gestalttherapie

Die Begründer dieser Psychotherapie-Methode sind Fritz und Laura Perls sowie Paul Goodman. Die Gestalttherapie bezieht sich auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse Wilhelm Reichs. Sie versteht sich als ganzheitliche Therapie, die Körper, Geist und Seele als Einheit betrachtet.

nach oben

Verhaltenstherapie

Mit Verhaltenstherapie wird ein ganzes Spektrum von Formen der Psychotherapie bezeichnet. In jedem Fall steht die "Hilfe zur Selbsthilfe" im Mittelpunkt. Dem Klienten sollen durch Einsichten in Ursachen und Entstehungsgeschichte seiner Probleme Methoden an die Hand gegeben werden, mit denen er sein Leben in Zukunft zufriedenstellender gestalten kann. Quelle: Wikipedia

+++ Wichtige Fragen, die verhaltenstherapeutisch aufgearbeitet werden:

1. Warum wird eine Abstinenz/Konsumreduktion angestrebt?

('Rettung' von: Beziehungen, Familienbindung und Arbeitsplatz, Führerschein, Gesundheit. Konkretes Fernziel, soziale Anerkennung, besseres Selbstwertgefühl...)

2. Was spricht/spräche gegen die Abstinenz?

(Verlust von: Freunden, Vergnügungen, sexueller Stimulation. Auftreten von: Langeweile, Leere, Ängsten, Unruhe und Depressionen...)

3. Was führte/führt zu schädigendem Alkoholkonsum?

4. Was/wer trägt zur Verfestigung der Abhängigkeit bei?

5. Was/wer motiviert zum Durchhalten?

6. Was löst evtl. Rückfälle aus, und wie können sie bewältigt werden?

nach oben

+++ Methoden und Ziele der Verhaltenstherapie:

1. Bilanz ziehen - Für und Wider einer Abstinenz abklären

2. Defizite aufdecken

3. Fähigkeiten und Kompetenzen aufbauen

4. Selbstvertrauen stärken

5. Selbstkontrolle verbessern

6. Wahrnehmungen verändern

nach oben

Motivationsförderung (MI)

Auch die Motivationsförderung bezieht sich auf verhaltenstherapeutische Methoden und Ziele. Sie ist jedoch noch stärker praxis- und ergebnisorientiert.

Quelle »

+++ Vorgehen der Motivationsförderung:

1. Motivation aufbauen

Was motiviert?
Wo liegt das Für und Wider?
Was war, was könnte sein?
Was waren typische Verhaltensmuster?

Selbstwert stärken, stützen, empathisch reagieren
Widersprüche aufdecken
Befunde gemeinsam besprechen
Alternativen anbieten
Fortschritte zeigen (bei anderen Patienten etc.)

2. Ziele festlegen

Patient legt seine Ziele selbst fest (evtl. nach Anregungen): Abstinenz? Kontrolliertes Trinken? Weniger harte Drinks? Phasenweise Enthaltsamkeit? etc.

3. Wege zur Veränderung bestimmen

Patient legt Wege selbst fest (nach Anregungen): Entzug ambulant oder stationär? Mit oder ohne Angehörige? etc.

4. Veränderung in Schritten einleiten

Wo soll die Entgiftung stattfinden, wie lange soll die Therapie dauern, sollen Kollegen und Freunde eingeweiht werden...

nach oben

Wichtig ist vor allem Offenheit: Nicht alles wird gut; die Abstinenz kann auch (erst einmal) unangenehme Folgen haben (Leere, Langeweile, Einsamkeit, Depression, Unverständnis der Umgebung, Partnerkonflikte aufgrund veränderten Rollenverhaltens...) Auch die alten Probleme schwimmen u.U. an die Oberfläche. Ein Umgang mit solchen Veränderungen muss gezielt geübt werden.

Eine Motivationsförderung dauert in der Regel 3 Wochen. Sie findet während oder sofort nach der stationären Entgiftung statt.

nach oben

+++ Während der Einzelsitzungen und der Treffen in einer kleinen Gruppe werden:

1. Informationen über Alkohol und Abhängigkeit vermittelt (in Vorträgen, Broschüren, Quiz)

2. Verhaltensmuster aufgedeckt und verändert (in Rollenspielen)

3. Regeln für den Rückfall besprochen

4. Realitätstrainings veranstaltet (an alten Trinkorten usw.)

5. Kontakte zu Selbsthilfegruppen und 'trockenen' Alkoholikern geknüpft

6. Entspannungsübungen und Körpertherapien durchgeführt

7. Neue Beschäftigungen ausprobiert

8. Gespräche mit Freunden, Partnern, Kollegen geführt

9. Trinkprotokolle entworfen (mit Ort, Zeit, Menge, Anwesenden)

Statistiken zeigen, dass nach einer Motivationsbehandlung jeder zweite in eine Entwöhnungsbehandlung vermittelt wird, bei einer reinen Entgiftung ohne anschließende Therapie jedoch nur jeder zehnte! Die Motivationsbehandlung verbessert nachweislich auch das Durchhaltevermögen in puncto Abstinenz.


nach oben

Haftungsausschluss: Das Landgericht Hamburg hat im Mai 1998 entschieden, dass durch die Anbringung eines Links die Inhalte der gelinkten Seite ggf. mit zu verantworten sind. Dies kann laut Urteilsbeschluss nur durch eine ausdrückliche Distanzierung von Inhalten einer verlinkten Website verhindert werden. Wir haben auf unseren Seiten Links zu anderen Seiten im Internet gelegt. Für alle diese Links gilt: Wir distanzieren uns hiermit ausdrücklich von allen Inhalten aller gelinkten Seiten auf unserer Website und machen uns diese Inhalte nicht zu Eigen. Diese Distanzierung gilt weiterhin für alle auf den verlinkten Websites angezeigten Links.

Ein wichtiger Hinweis: Die Informationen auf unserer Website ersetzen nicht die professionelle Diagnostik, Beratung und Therapie durch einen Arzt oder Psychologen! Sie stellen nur ein Informationsangebot dar, das wir nach hohen Qualitätskriterien und klinischer Erfahrung gestalten. Alle Informationen über diagnostische und therapeutische Methoden (inkl. Informationen über Medikamente) gelten nicht als persönliche Empfehlung oder Therapievorschlag. Sollten Sie Änderungsvorschläge haben oder Fehler bemerkt haben, schreiben Sie uns bitte eine Email »



Rausch



Rausch

« © alkoholismus-hilfe.de 2007 - 2014 » « Haftungsausschluss » « Kontakt & Impressum »